Elden Ring zeigt, was bei der Videospielentwicklung zurzeit falsch läuft

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Elden Rings Erfolg ist eigentlich recht einfach zu erklären, das Spiel trifft einen Nerv und bringt etwas hervor, das viele vermisst haben. Dabei ist dieses Konzept der Industrie wohlbekannt, wie Warzone, Counter-Strike, Minecraft, DOTA und viele andere Spiele zeigen.

Ein Kommentar von Daniel Hartmann

Elden Ring: Jungfernlos, aber nicht freudlos


Die Spiele aus dem Hause FromSoftware sind schon lange kein Geheimtipp mehr, ein richtiges Geheimnis ist eigentlich nur noch die korrekte Schreibweise des Studios aus Japan. Bei den bisherigen Spielen kletterten die Spielerzahlen zwar auch mit der Zeit aus der Kategorie „Nischen-Produkt“, doch einen derartigen Verkauf wie bei Elden Ring hat FromSoftware noch nicht erlebt.

Nun liegt das natürlich nicht daran, dass plötzlich Millionen von Spielern und Spielerinnen die Lust daran entdeckt haben, sich hunderte Male vom selben Boss wegklatschen zu lassen. Dieses hervorstechende Merkmal ist für Hardcore-Fans, auch wenn sie es vielleicht nicht gerne hören, nicht der Grund für den Erfolg. Eine sinnvolle Diskussion darüber scheitert eh häufig am Verständnis des Unterschiedes von Schwierigkeitsgrad und Barrierefreiheit. Fakt ist, solche Optionen sind, egal ob in Bezug auf das eine oder das andere, wie das Wort schon suggeriert optional und nehmen niemandem etwas weg.

Aber das Fass wollte ich gar nicht aufmachen und mich hier in Rage schreiben. Also zu dem, was Elden Ring so gut macht. Ich mach es auch kurz, kann ja kaum einer ertragen, wie positiv über dieses Spiel gesprochen wird. Als Gamer von Welt will man sich schließlich aufregen, EA und Blizzard verwöhnen uns einfach. Zum Glück ist die Grafik von Elden Ring nur „ganz gut“ und FromSoftware passieren bei den Patches ein paar Fehlerchen – es wäre sonst kaum auszuhalten.

Jetzt aber endlich zu den Stärken von Elden Ring. Da wären zum einen das stimmige Design der Welt und seiner Figuren und Monster. Diese Dinge verstärken das Thema, über das alle schwärmen: Die Open World. Die Zwischenlande fühlen sich wie eine organisch entstandene Welt an und treffen den bereits angesprochenen Nerv namens Abenteuerlust. Anstatt Markierungen auf einer Karte abzuarbeiten, erkunde ich die Spielwelt und freue mich, Dinge zu entdecken, nicht weil das Spiel es mir sagt, sondern weil ich in der Ferne diese Burg gesehen habe und einfach wissen wollte, was da ist. Damit wären wir auch beim eigentlichen Thema dieses Artikels angekommen.

Die größte Stärke der Videospiele wird viel zu sehr ignoriert


Was hat das alles mit Warzone, Counter-Strike, Minecraft oder DOTA zu tun? Keine Sorge, die Spiele stehen da im zweiten Satz nicht einfach nur für Google rum, dazu kommen wir sofort. Was ich gerade im Ansatz beschrieben habe, ist der größte Unterschied zwischen Videospielen und allen anderen Medien. Es ist die Interaktion mit dem Medium Videospiel selbst. Ich, der Spieler, bin Teil des Spiels und habe Einfluss darauf, was passiert, wie es passiert und wann es passiert. Elden Ring nimmt uns nicht an die Hand, es wirft uns in seine Welt, lässt uns machen und schränkt uns dabei nicht ein. Unser Handlungsrahmen ist (fast) das gesamte Spiel. Es gibt sogar noch eine Steigerung von Spieler und Spielerin.

Die oben genannten Spiele stehen nur beispielhaft für Spiele, Genres, Unternehmen, deren Erfolg darauf fußt, dass Gaming-Communitys Dinge wie Modding-Tools oder Map-Editoren gegeben wurden und man sie hat machen lassen. Das Battle-Royale-Genre geht auf das Minecraft-Plug-In Hunger Games (inspiriert durch die gleichnamigen Filme) zurück und ging dann den bekannten Weg über die DayZ-Mod für ARMA 2 über viele Stationen bis dem heute so beliebten Mainstream-Genre. Wo wäre Activision heute ohne Warzone und wären sich Microsoft noch knapp 70 Milliarden US-Dollar wert? Eine ähnliche Frage könnte man zu Steam formulieren. Die Half-Life-Mod Counter-Strike ist nach wie vor der First-Person-Shooter schlechthin. Das gesamte MOBA-Genre gewann als Map für Blizzards Starcraft an Popularität und wurde dann über die Warcraft-3-Map zum heute größten E-Sports-Genre durch DOTA 2 und League of Legends. Wie hätte die Geschichte von der größten digitalen Plattform für PC-Spiele Steam wohl ohne Counter-Strike und DOTA ausgesehen?

Elden Ring als Trendwende?


Videospielentwickler haben also extrem gute Erfahrungen damit gemacht, Spielern und Spielerinnen Freiheiten zu geben, ihnen nicht alles vorzuschreiben und selbstständig aus einem Spiel etwas zu machen. Es mag auf den ersten Blick etwas abstrakt erscheinen, Elden Rings Spielkonzept mit Modding und dergleichen in einem Topf zu werfen, doch hinter beidem steckt dieselbe Idee und dasselbe Erfolgsrezept. Es gibt aktuell einfach zu viele Spiele, die als gradliniges Produkt entworfen werden und dem Spieler oder der Spielerin den Weg vorgeben.

Natürlich funktioniert das nicht mit jedem Spiel oder jedem Genre, doch es braucht einfach mehr Spiele wie Elden Ring. Das Potenzial des Mediums Videospiel ist einfach viel zu groß, um es an zu vielen seelenlosen Produkten zu verschwenden, wo sie doch die immersivsten und grenzenlosesten Kunstwerke seien könnten. Ja, bei all dem schönen Idealismus muss es sich trotzdem rechnen. Vielleicht wie Elden Ring? FromSoftware hat das Videospiel nicht neu erfunden und es gibt diverse Spiele, die auch das richtig machen, was Elden Ring richtig macht. Vielleicht leitet Elden Ring ja eine Trendwende ein, ich würde es mir wünschen.

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Poe

Manaheld
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Ich habe das Spiel nie selbst gezockt, sondern nur nebenbei vieles gehört. Der Hype scheint ja ziemlich berauschend zu sein, aber lohnt sich ein Kauf wirklich? Wenn ich diverse Aussagen über Schwierigkeitsgrade usw. lese, bin ich doch eher zurückhaltend.
 
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