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»*Argh.* Neurotoxin! *Hust, HUST!* Ich sterbe! ... Ha. Ha. Ha. Kleiner Scherz. Als ich meinte, Neurotoxin wäre tödlich, war das sarkastisch gemeint. Ich könnte darin baden, es mir ins Gesicht kippen oder es auf mein Müsli tun. Ernsthaft, es ist garnicht tödlich... für miiiich.« - einige der letzten Worte, die man von GLaDOS zum Schluss mit auf den Weg bekommen hat; dem Hauptgegner des VALVe-Überraschungshit aus dem Jahr 2007, der zahlreiche renommierte Preise gewonnen hat. Darunter: Game of the Year (Game Developer Choice Awards) und Video Game Villain #1 (IGN).
Das Spielprinzip ist eigentlich ganz simpel. Die Protagonistin Chell wacht ohne Erinnerungen in einem Glaskäfig auf und macht gleich zu Anfang mit GLaDOS Bekanntschaft, von der sie den Prototyp der Portal-Gun erhält. Vollständiger Name: Aperture Science Handheld Portal Device, oder auch: ASHPD. Von da an wird man mit Zuckerbrot und Peitsche durch mehrere Testareale des Aperture Science Enrichment Center gelotst, wie eine Ratte durch eine Skinnerbox. Das faszinierende: mit dem ASHPD könnt ihr an den meisten Flächen Durchgänge platzieren, mit denen ihr Säuregruben und (sich höflich entschuldigende) Selbstschussanlagen überwindet oder auch die Impulskraft eines tiefen Sturzes nutzt, um euch auf eine höher gelegene Plattform zu befördern.
Pixelsex
Im großen und ganzen besteht Portal 2 aus drei verschiedenen Arten von Arealen, wobei die allgemeine grafische Qualität hochwertig ist, aber nicht mit Grafikbomben wie Crysis mit Modtexturen mithalten kann.
Den Anfang stellen die zerstörten Außenareale dar, die den typischen Eindruck militärischer Testeinrichtungen vermitteln, die erst vor kurzem zerbombt wurden. Die Einrichtung ist völlig in sich zusammengefallen und allgemein scheinen es die tragenden Wände nicht mehr lange zu machen, während die Natur das Territorium der Menschen mit Farngräsern, Moos und Efeu zurückerobert.
Die visuelle Darstellung der Testzellen ist wie schon und noch viel mehr als sein Vorgänger von starken Kontrasten geprägt. Denn diese bestehen aus einem Interior mit abwechselnd perlweißen und dunkelgrauen Bodenplatten, Wänden und Decken, allesamt so klinisch rein und geleckt, dass man davon sein Mittagessen zu sich nehmen könnte.
Verstärkt wird dieser Eindruck noch von dem sich extrem abhebenden Re- und Propulsion-Gel, das mit seiner ultramarinen und orangen Farbe einen unübersehbaren Akzent setzt.
Erst wenn ihr die Testzellen wieder verlasst, wird diese Erwartungshaltung durchbrochen. Die Reparatursysteme der Aperture Science Enrichment Center sind immer noch am Schaffen und Häusle bauen, seit ihr damals GLaDOS und den Stützpunkt vernichtet habt.
Hier sieht es aus wie in Industriefertigungsanlagen. Vollautomatisierte Systeme schweißen mit Lasern Nähte und montieren Amerikas beliebtestes Militärprodukt für den Heimgebrauch zusammen: Sentry Guns!
Fun with Kniv... Portals!
Wie bereits beim Vorgänger liegt der Fokus des Spiels darauf, die Grenzen der Physik durch das Setzen von Portalen zu verbiegen und das Ende der Testzellen zu erreichen. Allerdings wäre VALVe nicht VALVe, wenn die Spielmechanik nicht um einige große Elemente bereichert werden würde, die man mit Portalen und auch untereinander kombinieren kann und muss.
Wer kein gutes räumliches Vorstellungsvermögen besitzt, bekommt hier die Gelegenheit, es auszubilden!
Repulsion-Gel: Das ultramarine Repulsion-Gel ist genau genommen nur ein "Abfallprodukt" der Forschungsabteilung von Aperture Laboratories. Ursprünglich dazu gedacht, als billiges Nahrungsmittelsubstitut für hungernde Familien in der dritten Welt zu dienen, hüpfte es im Produkttestzyklus mit abnormaler Geschwindigkeit durch den Verdauungstrakt - zu schnell um verdaut zu werden. Wer das für bizarr hält, soll sich vor Augen halten, dass der ASHPD ursprünglich dafür entwickelt wurde, den Weg zur Duschkabine zu verkürzen...
Doch was das Repulsion-Gel als Nahrungsmittel disqualifiziert, ist uns durchaus dienlich um unbeschadet durch die Testzellen zu huschen. Sobald ihr in einer Pfütze aus Repulsion-Gel springt, wird eure Sprungkraft um ein vielfaches angehoben und solang ihr normalen Boden nicht mehr berührt, verliert ihr kein einziges Newton Schubkraft.

Propulsion-Gel: Das orange Propulsion-Gel hatte die gleiche Bestimmung wie sein schlumpfiger Bruder und wurde von einem ähnlichen Schicksal ereilt. Der Unterschied ist lediglich, dass es sich wie ein reißender Fluss durch den Darm bewegt.
Analog hierzu rutscht ihr mit extrem erhöhter Geschwindigkeit durch die Testzellen, wie man es heute nur noch von Bananenschalen in den Tom & Jerry und Roadrunner-Cartoons kennt.

Thermal Discouragement Beam: Wie in jedem gutem Science Fiction-Spiel wird natürlich auch in Portal 2 mit Lasern hantiert.
Hier jedoch könnt ihr nur indirekt mit ihnen arbeiten, über eine Art Prismakubus, mit dem ihr das Licht brecht und auf ein Ziel eurer Wahl lenkt. So überhitzt ihr munter Selbstschussanlagen bis zur Detonation und absolviert Schalterrätsel die mit Wärmesensoren arbeiten.
Es gibt im Spiel noch eine ganze Reihe weiterer interessanter Gameplay-Neuerungen die auch der Erwähnung wert wären, doch werden sie alle von einem ganz neuen Spiel-Modus überschattet. Denn die mit Abstand größte Neuerung und der heimliche Star von Portal 2 ist ohne Zweifel der Cooperative-Multiplayer, in dem ihr mit einem Freund neue Testzellen bezwingen könnt, die von einer von Menschen frustierten GLaDOS entworfen wurden.
Aus eben diesem Grund hat GLaDOS auch zwei Prototypen einer ganzen Reihe von Robotern entwickelt, deren Grundlage eine blaue Persönlichkeitssphäre und eine der freundlich bittenden Selbstschussanlagen sind, die wir bereits aus Teil 1 kennen. Das dynamische Duo über das ihr die Kontrolle übernehmt, hört auf die Namen Atlas (blau) und P-body (rot).
Die logische Konsequenz daraus ist, dass ihr im Co-Op mit vier statt nur zwei Portalen arbeitet und die Komplexität der Testzellen angehoben wird.
Praktisch ist dabei das von VALVe implementierte Zeigersystem, vor allem für diejenigen die Portal 2 auf Konsole spielen und weder über Headset noch Tastatur verfügen. Habt ihr einen Geistesblitz, zeigt ihr einfach auf die Stelle des Levels an der ihr ein Portal benötigt und markiert sie dementsprechend. Weiterhin gibt es eine Bild-in-Bild-Funktion, mit dem ihr abchecken könnt, wo genau sich euer Mitspieler befindet und was er gerade sieht.

Come on, say Apple... Simple World: Apple!
Wie macht sich Portal 2 nun in der Praxis? Die Antwort ist: großartig!
Selbst das Tutorial zu spielen, bei anderen Spielen eine Angelegenheit die immer wieder dafür sorgt den Kopf gegen die Tastatur zu schlagen (man erinnere sich an die lästigen Tutorialboxen in TES IV: Oblivion oder das extrem zähe Final Fantasy VIII-Tutorial), macht dank der Ansagen von Cave Johnson und der nervenschwachen Persönlichkeitssphäre Wheatley Spaß und Kenner des ersten Teils werden beim Anblick der ersten Testzelle entzückt sein.
Apropo Kenner des ersten Teils: diese sollten die Augen offen halten im Spiel, denn in der Singleplayer-Kampage sind Comics auf animierten Plakatwänden und Mauern angebracht, die zum einen den Humor der Tutorialvideos des ersten Teils aufgreifen und zum anderen die Zustände bei den Aperture Science Enrichment Centern beschreiben, ehe GLaDOS entwickelt wurde.
Der Schwierigkeitsgrad ist zu anfangs extrem niedrig angesetzt, zieht aber während der Kampage ab Kapitel 3 angenehm an, so dass man auch etwas Zeit benötigt um die jeweiligen Rätsel zu lösen, je nachdem wieviel Übung man bereits darin hat oder wie gut das räumliche Vorstellungsvermögen ausgeprägt ist.
Aber selbst wenn man in einem Areal festsitzt ist das kein Grund für Frust, denn man wird von GLaDOS praktisch ständig mit Sprüchen trakiert und etwas später auch von Wheatley, der sich für echt kein Fettnäpfchen zu schade ist.
Der kooperative Multiplayer steht dem in nichts nach, da Atlas und P-body trotz ihrer Stummheit einen Unmengen an Charme entwickeln, ähnlich Wall-E.
Selbst wenn sie sterben, verlieren sie nichts davon. Tatsache ist sogar, dass ich in meinen ersten Co-Op Stunden den unheimlich stark ausgeprägten Drang verspürt habe meinen Spielpartner mit einem Laser in Scheiben zu schneiden und ihn bei jeder Gelegenheit in das Säurebecken zu werfen.
Fazit:
Abschließend kann ich zu diesem Spiel nur noch eines sagen. Es gibt wohl lediglich zwei Menschen auf dieser Welt, die Portal 2 nicht mögen: Hitler und Jack Thompson. Und ihr wollt doch nicht Hitler oder gar Thompson sein?
Cave Johnson. We're done here.

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